...ein bisschen Beratung gibt es nicht!

Frauenwürde e.V. und die Kontroverse um die Schwangerschaftskonfliktberatung.

Im Januar 1998 erreichte die katholischen Bischöfe in Deutschland ein schon seit einiger Zeit erwarteter Brief aus Rom. Papst Johannes Paul II. richtete die eindringliche Bitte an seine „verehrten Brüder im Bischofsamt“ einen „Schein solcher Art“ nicht mehr auszustellen. Gemeint war der Schein, mit dem auch katholische Beratungsstellen nach Abschluss einer Schwangerschaftskonfliktberatung der Schwangeren bestätigen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Beratung stattgefunden hat. Der Beratungsschein ist gleichzeit die Voraussetzung für die Straflosigkeit einer Abtreibung.

Die gesetzliche Lage
Das weltweit wohl am besten ausgebaute System des Lebensschutzes durch Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch wurde im Zuge der Neuregelung des Rechts infolge der deutschen Einheit erreicht. Die in den beiden Teilen Deutschlands unterschiedlichen Handhabungen - hier Indikationsregelung, d.h. Straffreiheit nur bei medizinischer, kriminologischer oder Notlagenindikation, dort Fristenregelung ohne Indikation – mussten nach dem Einigungsvertrag von 1990 zu einem gemeinsamen Recht geführt werden. Die im Juni 1992 im Bundestag verabschiedete Neuregelung des Strafrechts erklärte einen Abbruch innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen für nicht rechtswidrig, wenn sich die Schwangere zuvor in Hinblick auf die Bewältigung ihrer Konfliktlage hatte beraten lassen und der Abbruch nach einer Überlegungsfrist von drei Tagen durch einen Arzt vorgenommen wurde.
Dieses Gesetz war nach einem langen Beratungsprozess zustande gekommen. Es waren Sachverständige aus allen gesellschaftlich relevanten Gruppen gehört und beteiligt worden. Es berücksichtigt die Erfahrungen, dass Abtreibungen vorgenommen werden - unabhängig davon, ob sie durch Gesetze verboten oder ob sie unter bestimmten Bedingungen erlaubt sind -und dass das Leben des Kindes nur mit der Mutter und nicht gegen sie geschützt werden kann.
Eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichtes verhinderte das Inkrafttreten des Gesetzes. In seinem Urteil vom Mai 1993 billigte das Bundesverfassungsgericht das Konzept der Beratungsregelung, erklärte aber den Abbruch weiterhin für rechtswidrig, unter den Bedingungen der §§ 218 und 219 Strafgesetzbuch (1) in Verbindung mit § 5 Schwangerenkonfliktgesetz (2) innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen jedoch für straffrei. Ausserdem wurde der Gesetzgeber aufgefordert, weitere gesetzliche Regelungen zu erlassen, die die Bedingungen zur Entscheidung für das Kind wesentlich verbessern. Die überarbeitete Regelung trat 1995 in Kraft.

Die katholische Kirche im System
Obwohl die Deutsche Bischofskonferenz sich im „Beratungsverständnis der Katholischen Beratungsstellen“ auf die gesetzlichen Vorgaben bezieht und in den Bistümern – bis auf Fulda – katholische Konfliktberatungsstellen im gesetzlichen Rahmen arbeiten, war der Vatikan von Anfang an gegen die deutsche Lösung. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, katholische Beratungsstellen machten sich durch die Ausstellung des Scheins zu Mittäterinnen einer Abtreibung und damit mitschuldig an der Tötung ungeborenen Lebens.
Weil die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die Auffassung vertritt, dass das bei uns gültige Beratungsmodell am Ehesten geeignet ist, Frauen in Konflikten und Entscheidungsnöten zu erreichen und ihnen konkrete Hilfe für ein Leben mit dem Kind anzubieten, dabei aber gleichzeitig ihre persönliche Gewissensentscheidung respektiert, forderten einige Vertrerinnen und Vertreter der Bewegung in einer Mahnwache am Tag vor der Sitzung des Ständigen Rates in Würzburg die deutschen Bischöfe auf, sich bei der Befassung mit dem Schreiben des Papstes für die Aufrechterhaltung des vollen Beratungs- und Hilfeangebotes zu entscheiden, in der gesetzlich vorgeschriebenen Art der Beratung zu verbleiben und auch in Zukunft in allen Diözesen die Bescheinigung über die erfolgte Beratung auszustellen. Einige Beraterinnen des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) und der Caritas schlossen sich der Mahnwache an um deutlich zu machen, dass sie ihre Beratung im gesetzlichen System als christlichen Auftrag im Sinne der Verwirklichung des Evangeliums auffassen und ein Ausstieg einer unterlassenen Hilfeleistung gleichkäme.

Die Beratungskommission
Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz entschied sich für die Einsetzung einer Arbeitsgruppe durch die Frühjahrskonferenz 1998 in Bad Honnef, die bis zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Frühjahr 1999 Wege zur Lösung des Konfliktes der Bischöfe mit dem Wunsch des Papstes, aus der gesetzlichen Beratung auszusteigen, und ihrem eigenen Willen, in der gesetzlichen Beratung zu verbleiben, finden sollte.
Aus diesem Anlass riefen die Frauen in der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche zu einer öffentlichen Frauenkonferenz am Tage der Eröffnung der Frühjahrskonferenz der Bischöfe am 2. März 1998 auf. Zweck dieses Treffens im stürmischen Regen auf der Kölner Domplatte war die Gründung einer Projektgruppe, die

  • die bischöfliche Arbeitsgruppe kritisch begleitet;
  • eigene Konzepte zur Lösungen der Probleme schwangerer Frauen und Familien entwickelt;
  • Kontakt zu bestehenden Beratungsdiensten aufnimmt;
  • eine von katholischen Frauen selbst organisierte Beratung mit Ausstellung eines Beratunsgnachweises prüft und vorbereitet.

Der Grund für die Gründung der Projektgruppe war der Wille der versammelten Frauen, die Entscheidung über den Verbleib der katholischen Kirche in der Schwangerschaftskonfliktberatung nicht nur alten Männern zu überlassen, die niemals schwanger waren oder werden konnten, die niemals als Väter mitbetroffen sind und niemals unter sozialer Not leiden. Die Projektgruppe forderte von den Bischöfen, ihren Konflikt mit Rom nicht auf dem Rücken der schwangeren Frauen und der katholischen Beratungsstellen auszutragen und rief sie auf, in dieser Sache ihre Entscheidungskompetenz in pastoralen Fragen gegenüber Rom in Anspruch zu nehmen.
Ein Angebot an die Beratungskommission der Bischofskonferenz, in dieser bischöflichen Arbeitsgruppe beratend mitzuarbeiten, wurde abgelehnt, da die Mitglieder der Arbeitsgruppe einzeln bestimmt seien und ein Höchstmaß an Vertraulichkeit vorausgesetzt wird.

Erste Öffentlichkeitsarbeit
Im grösseren öffentlichen Rahmen stellte die Projektgruppe die Probleme, die für die Schwangerschaftskonfliktberatung durch den Papstbrief entstehen konnten, während des Katholikentages und des KatholikInnentages von unten im Juni 1998 in Mainz dar. Mehrere hundert Personen erklärten ihren Wunsch zum Verbleib in der gesetzlichen Beratung durch ihre Unterschrift in eine vorbereitete Liste. Doch das Veranstaltungsangebot „Ein bisschen schwanger gibt es nicht – ein bisschen Beratung auch nicht“ wurde nur von einer kleinen Gruppe Frauen – hauptsächlich Konfliktberaterinnen – wahrgenommen. Diese Erfahrung mussten die Projektgruppe und später der Verein immer wieder machen. Am Fortgang der Arbeit interessiert ist die Presse. Die Projektgruppe bzw. der Verein bringt die Gegengewichte zu den Entscheidungen und Aussagen der Bischofskonferenzen. Konfliktberaterinnen sehen eine Plattform für den Austausch ihrer Erfahrungen und Befürchtungen. Frauen aber, die eine Abtreibung vorgenommen haben, sind selten bereit, sich zu dem Abbruch zu bekennen oder sich durch aktive Mitarbeit zu outen. Eine Abtreibung oder auch nur die Erwägung dieses Schrittes ist ein dunkler Teil des Lebens, ein Scheitern, ein Tabu.

Der Verein
Wegen des nachhaltigen Drängens von Kardinal Ratzinger auf eine schnelle Entscheidung der deutschen Bischöfe war es für die Projektgruppe geboten, baldige Handlungsfähigkeit zu erlangen. Um zukünftigen Spenderinnen und Spendern und den zuständigen Ministerien der Länder und den Regierungspräsidien kompetente Gesprächspartnerinnen zu sein, und die gesetzlichen Voraussetzungen zur Trägerschaft von Beratungsstellen zu erlangen, wurde der Verein Frauenwürde gegründet und im Herbst 1998 in Hanau beim Amtsgericht in das Vereinsregister eingetragen. Die Gemeinnützigkeit wurde vom Finanzamt Hanau zuerkannt.
Hanau wurde als Vereinssitz gewählt, weil dort eine der Gründungsfrauen wohnt und weil Hanau im Bistum Fulda liegt. Der Bischof von Fulda hatte seinen Beratungsstellen nicht erlaubt, in der gesetzlichen Beratung zu arbeiten. Diese Lücke zu schliessen, sah der neue Verein als eine seiner ersten Aufgaben an. Denn eines der im § 3, Abs. 2 der Vereinssatzung definierten Ziele des Vereins ist , „im Falle des Ausstiegs von katholischen Bischöfen aus dem gesetzlichen Beratungssystem die Trägerschafts für die Beratung nach § 219 StGB in Verbindung mit §§ 5 und 6 SchKG durch katholische Frauen und Männer zu übernehmen“.
Nach der Erstellung eines auf einem christlichen Menschenbild beruhenden und dem geltenden Gesetz basierenden Beratungskonzeptes durch Konfliktberaterinnen, die Mitglied des Vereins sind, stellten wir im Januar 1999 beim für Fulda zuständigen Regierungspräsidium in Kassel einen Antrag auf Zulassung als Beratungsstelle, nachdem wir uns zuvor an das Landesministerium für Gesundheit gewandt hatten. Da wir als einfacher eingetragener Verein eine wesentliche Voraussetzung nicht erfüllen – die Trägerin einer Beratungsstelle muss eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts sein oder einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege oder dessen Mitgliederorganisationen angehören – beantragte der Frauenwürde e.V. am 1. März 1999 eine Ausnahmegenehmigung von dieser Vorschrift, u.a. mit der Begründung der fehlenden Pluralität unter den Trägern der Konfliktberatungen in Fulda. Dass über diesen Antrag bisher noch nicht entschieden ist, hat sicher mit dem Regierungswechsel im Land Hessen aber bestimmt auch mit der noch unsicheren Situation in der Entscheidung zwischen Rom, den deutschen Bischöfen und den zuständigen Ministerien der Länder zu tun.

Das Ergebnis der Beratungskommission der Bischöfe
Die bischöfliche Arbeitsgruppe hatte ein Jahr lang getagt und gute Arbeit geleistet. Sie legte dem Ständigen Rat und der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz einen Bericht vor, der unterschiedliche Vorschläge zum Ausstieg oder Verbleib der katholischen Beratungsstellen in der gesetzlichen Konfliktberatung enthielt. Stellvertretend für die Vollversammlung erläuterte der Vorsitzende, der Mainzer Bischof Lehmann, in der abschliessenden Pressekonferenz die vier Lösungsmodelle

  • Konfliktberatung ohne Nachweispflicht;
  • Beratung nach § 2 SchKG (3);
  • Konfliktberatung mit Erstellung eines Beratungs- und Hilfeplans;
  • Konfliktberatung, die dem Arzt durch Rückfrage bestätigt wird, aber ohne Ausstellung des Beratungsscheins.

Die Bischöfe hatten sich über diese Vorschläge ausgetauscht und eine Abstimmung vorge-nommen. Zwar wurde das Ergebnis nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt, es wurde aber deutlich, dass eine große Mehrheit der Diözesanbischöfe sich für den Verbleib in der Konfliktberatung mit Aushändigung eines Beratungs- und Hilfeplans ausgesprochen hatte.
Der Bericht wurde nun nach Rom geschickt und dem Papst zur Entscheidung vorgelegt. Diese Vorgehensweise wurde nicht nur vom Verein Frauenwürde e.V. als „Romhörigkeit“ und weitere Verunsicherung für die katholischen Beratungsstellen und die betroffenen Frauen gerügt. Auch katholische Verbände bedauerten, dass die Bischofskonferenz „ihr Handeln vom Papst bestätigen lassen“ wolle, durch die Abhängigkeit von Rom wendeten sich die deutschen Bischöfe von der Verantwortung für die ihnen anvertrauten Gläubigen und deren Bedürfnissen ab. Die erste Mitgliederversammlung des Vereins Frauenwürde e.V. befasste sich im März 1999 ausführlich mit dem von den Bischöfen favorisierten Beratungs- und Hilfeplan und befragte Beraterinnen aus verschiedenen Diözesen dazu. Diese wiesen auf die Schwierigkeiten dieses „Scheins zum Schein“ hin. Beratung und Hilfe ist immer schon das Angebot der katholischen Beratungsstellen. Die im Beratungs- und Hilfeplan vorgesehenen Zusagen gehen eher auf die materielle Hilfe ein – die reiche Diözesen eher ohne Probleme zusagen könnten als arme -, viel schwieriger aber ist für viele Frauen die psychische Bedrängnis, der Druck und das Unverständnis ihrer Umgebung. „In dieser Situation muss unbedingt die Gewissheit bestehen, dass die Beratung keinen überredenden Charakter bekommt und die betroffenen Frauen – und die Beraterinnen – in keiner Weise diskriminiert und beschuldigt werden“, fasste die Mitglie-derversammlung als Fazit zusammen.

Ein neuer Brief aus Rom
Am 17. Juni 1999 lief eine Eilmeldung durch die Presseagenturen „Der Papstbrief ist da! Nach bisher unbestätigten Meldungen soll die katholische Kirche in Deutschland künftig keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen.“ Wie groß war dann die Erleichterung, als Bischof Lehmann in einer Pressekonferenz am 23. Juni mitteilte, der 126. Sitzung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz sei die Quadratur des Kreises gelungen. Durch die Hinzufügung des vom Papst verlangten Satzes „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung starffreier Abtreibungen verwendet werden“ unter die Beratungsbescheinigung sei der Konflikt mit Rom gelöst, die Einheit der Bischofskonferenz gewahrt und der Verbleib in der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung gewährleistet. Dieses Verhalten sei mit dem Vatikan abgestimmt und der Zusatz unter der Beratungsbescheinigung sei rechtlich unerheblich. Der Konflikt der Bischöfe mit Rom und untereinander schien gelöst. Zwar hätte dieser Zusatz die Beraterinnen zu „Erfüllungsgehilfinnen“ der Bischöfe gemacht, da sie nach vertrauensvoller Beratung der Schwangeren die Doppeldeutigkeit des Scheins hätten erklären und ihre Unterschrift unter eine Bescheinigung setzen müssen, die sie in ihrem Wortlaut vielfach als „Verrat an den Frauen“ und an ihrer bisherigen Arbeit empfinden; zwar wäre den betroffenen Frauen neben ihrer psychischen und physischen Ausnahmsituation eine weitere Belastung zugemutet worden, den Beraterinnen und schwangeren Frauen ein zusätzlicher Konflikt aufgedrückt worden, der eigentlich nicht der ihre war; doch das focht die Bischöfe nicht an.
Und die meisten Bundesländer beeilten sich, die neue Bescheinigung anzuerkennen, obwohl der „katholische“ Beratungsschein nach dem Willen der Bischöfe noch in weiteren wesentlichen Punkten verändert werden sollte. Verständlich, die Beraterinnen von Caritas und SKF leisten eine anerkannt hervorragende Arbeit. Die 270 katholischen Beratungsstellen – etwa 20% der gesamten Konfliktberatungsstellen in Deutschland - sind nicht so einfach zu ersetzen. Tatsachen, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben müssen.

Der Ruf einiger Bischöfe nach „Klarheit vom Papst“
Doch schon ein paar Wochen nach ihrer Zustimmung im Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz war einigen konservativen Bischöfen nicht mehr wohl mit ihrer Entscheidung. Nachdem die Landesregierungen den Zusatz des Papstes ignorierten und den Schein der katholischen Beratungsstellen weiter akzeptieren wollten, „sah sich der Erzbischof von Köln einem geradezu unlösbaren Dilemma gegenüber“ und er fragte den Papst in einem Schreiben Ende Juli „liegt das wirklich in Ihrer Intention, den Beratungsschein mit ihrem gewünschten Zusatz zu versehen und trotzdem zu dulden, dass ihn der Staat ignoriert?“. Dabei hatte Bischof Lehmann in seiner Pressekonferenz vom 23. Juni noch ausdrücklich betont, die katholische Kirche wünsche den Verbleib in der gesetzlichen Beratung und hatte rechtliche Schritte angedroht, sollten die Scheine nicht anerkannt werden.
Und der Papst bestellte die drei deutschen Kardinäle und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz an seinen Sommersitz und eröffnete ihnen, „dass künftige eine Beratung im staatliche Sinne der §§ 5 ff des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes nicht mehr möglich ist, da die staatlichen Stellen faktisch diesen Zusatz ignorierten und weiterhin für eine straffreie Abtreibung gelten lassen.“

Die Entscheidung der Deutschen Bischofskonferenz
Also musste die ganze unendliche Geschichte auf der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz am 23. September 1999 neu aufgerollt werden. Nach langer Beratung erklärten die Bischöfe u.a., dass die katholischen Beratungsstellen ihre bisherige Tätigkeit in vollem Umfang fortführen, aber ein Teil der Bischöfe eine Neuordnung einleiten, die die Ausstellung von Beratungsnachweisen nicht mehr vorsieht. Ein kleinerer Teil möchte vor einer endgültigen Entscheidung noch einmal mit dem Papst reden. Die Bischöfe sind sich zunächst einig, dass sie sich nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen können. Und wie die noch schwankenden Bischöfe nach ihrem Gespräch mit dem Vatikan entscheiden, ist offen.
Die Frage ist, ob der ganze Eiertanz der letzten anderhalb Jahre nötig war. Das Hin und Her hat nicht nur der Kirche geschadet und ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Es hat konfliktbeladene Frauen und Beraterinnen in unzulässiger Weise verunsichert und belastet. Dieses Vorgehen verletzt die Würde von Frauen aufs Tiefste. Das zu verdeutlichen wird eine der Aufgaben des Vereins Frauenwürde e.V. sein.

Die Arbeit des Vereins in naher Zukunft
Frauenwürde e.V. bleibt weiter in Verbindung mit den Konfliktberaterinnen, den Sozialträgern, den katholischen Verbänden und dem von prominenten Mitgliederns des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ZdK neu gegründeten Verein ‚Donum Vitae‘. Frauenwürde wird die Entwicklung verfolgen und die Einrichtung von katholischen Konfliktberatungsstellen dort anstreben, wo es nach dem Ausstieg der Bischöfe keine katholischen Beratungsstellen in der gesetzlichen Konfliktberatung gibt. Dazu werden die bestehenden Kontakte zu den zuständigen Länderministerien intensiviert und in den restlichen Ländern bei den zuständigen Stellen Anträge auf Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle gestellt. Wenn die von den Bischöfen eingeräumte angemessene Übergangszeit verstrichen ist, sollte eine lückenlose Fortführung der Konfliktberatung in katholischen Händen gewährleistet sein. Eines ist sicher, säßen Frauen als gleichberechtigt Mitbestimmende in entscheidenden Positionen in unserer Kirche, wäre das Problem des Verbleibs in der gesetzlichen Konfliktberatung schon vor mehr als einem Jahr gelöst worden.

Annegret Laakmann

Dieser Artikel ist erschienen in Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen,JG. 12, Heft 4, Dezember 1999

(1) Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nach Beratung durch eine anerkannte Beratungsstelle mit Bescheinigung der Beratung.
(2) „Die nach § 219 des Strafgesetzbuches notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des un-geborenen Lebens.“
(3) Der § 2 SchKG hat die Beratung in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung und alle eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen zum Inhalt. Ist aber keine Schwangerenkonfliktberatung im Sinne des § 219 StGB

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